Der Hase und der Igel

Vorlesen & Träumen

Es war einmal ein Igel, der an einem sonnigen Herbstmorgen vor seiner Haustür stand. Er freute sich über das schöne Wetter und beschloss, einen Spaziergang zu seinen Steckrüben zu machen. Auf dem Feld begegnete er einem Hasen, der gerade seinen Kohl ansah.

„Guten Morgen, Hase!“, rief der Igel freundlich. Doch der Hase grinste nur spöttisch und sagte: „Mit deinen krummen Beinen kannst du wohl kaum spazieren gehen!“ Das ärgerte den Igel, und er rief: „Ich wette, ich bin schneller als du!“ Der Hase lachte laut, nahm die Wette an und bestimmte, dass sie um einen goldenen Louisdor und eine Flasche Branntwein laufen sollten.

„In einer halben Stunde geht’s los!“, sagte der Igel und rannte heim, um seine Frau zu holen. „Frau Igel,“ sagte er, „zieh dich an! Wir müssen dem Hasen zeigen, dass nicht nur Beine zählen, sondern auch Köpfchen!“ Frau Igel wunderte sich, aber sie folgte ihrem Mann.

Am Feld erklärte der Igel seinen Plan: „Du bleibst hier unten am Ende der Furche, und wenn der Hase ankommt, rufst du laut: ‚Ich bin schon hier!‘ Ich laufe oben los.“ Denn Frau Igel sah genauso aus wie ihr Mann – das war der Trick!

Der Hase stellte sich oben auf, zählte: „Eins, zwei, drei!“ und rannte los, so schnell er konnte. Der Igel machte nur ein paar Schritte und duckte sich dann in die Furche. Als der Hase unten ankam, rief Frau Igel schon: „Ich bin schon hier!“ Der Hase staunte, rannte wieder nach oben, doch dort stand der Igel und rief: „Ich bin schon hier!“

So ging es immer weiter – hin und her, hin und her. Der Hase lief immer schneller, doch der Igel und seine Frau waren jedes Mal „schon da“. Nach vielen, vielen Läufen fiel der Hase schließlich erschöpft zu Boden und konnte nicht mehr aufstehen.

Der Igel nahm die gewonnene Münze und die Flasche Branntwein, rief seine Frau, und beide gingen fröhlich nach Hause.

Seitdem, so sagt man, läuft kein Hase mehr mit einem Igel um die Wette – denn jeder weiß: Klugheit ist oft schneller als Schnelligkeit.